Wuezapa
Wuezapa ist ein geheimnisvoller Ort, von dem nur wenige Menschen je gehört haben und noch weniger behaupten können, ihn mit eigenen Augen gesehen zu haben.
Eingebettet zwischen schimmernden Nebelwäldern und sanft flüsternden Bergflanken, liegt dieses verborgene Dorf irgendwo im Übergang zwischen Realität und Traum.
Wuezapa ist kein Ort, den man auf einer Landkarte findet, denn es existiert nicht in der Welt, wie wir sie kennen – vielmehr ist es ein Zustand, ein Gefühl, eine Erinnerung,
die man nicht ganz greifen kann, aber dennoch genau zu kennen glaubt.
Die Bewohner von Wuezapa sprechen eine Sprache, die niemand sonst spricht, doch sie verstehen einander ohne Worte.
Ihre Kommunikation geschieht durch Farben, Klänge, Bewegungen des Windes und das Rascheln der Blätter, als hätte sich die Natur selbst dazu entschlossen, ihre Gedanken zu übersetzen.
Die Häuser dort sind keine Häuser im gewöhnlichen Sinne, sondern lebendige Wesen aus Holz, Moos und Stein, die mit den Menschen atmen, träumen und sich wandeln, je nachdem, wer in ihnen wohnt.
Man sagt, jeder Neubewohner findet ein Zuhause vor, das genau auf seine innersten Gedanken und Gefühle abgestimmt ist, als hätte das Dorf schon lange auf ihn gewartet.
Wuezapa kennt keine Zeit wie wir sie kennen. Die Sonne wandert nicht regelmäßig über den Himmel, sondern erscheint, wenn sie gebraucht wird, und verschwindet,
wenn die Nacht gebraucht wird, ganz gleich, was die Uhren sagen würden. In Wuezapa wächst kein gewöhnliches Obst, sondern Früchte mit leuchtenden Farben, deren Geschmack nicht nur süß oder sauer ist,
sondern ganze Erinnerungen wachruft – Erinnerungen, die einem nicht einmal selbst gehören müssen. Man beißt in einen Apfel und fühlt plötzlich die Trauer einer alten Seele oder die kindliche Freude eines Sommernachmittags,
den es nie gab, und doch fühlt er sich vertraut an.
Niemand weiß, wie man nach Wuezapa kommt. Diejenigen, die dort waren, erinnern sich nicht daran, wie sie hingelangt sind, und diejenigen, die versuchen, dorthin zu reisen,
verlieren meist ihr Ziel aus den Augen, als wäre es nie mehr als ein flüchtiger Gedanke gewesen. Einige glauben, Wuezapa sei eine Metapher für das,
was Menschen im tiefsten Inneren suchen – Frieden, Verstehen, Zugehörigkeit – und andere halten es für ein magisches Paralleluniversum, das nur denjenigen zugänglich ist, die vergessen haben, wie man zweifelt.
Vielleicht ist Wuezapa auch beides. Vielleicht ist es ein Ort, den man nicht findet, sondern der einen findet, wenn man bereit ist, sich selbst zu begegnen.
In den Geschichten, die von Wuezapa erzählt werden, tauchen immer wieder Gestalten auf, die gleichzeitig fremd und vertraut wirken: eine Frau mit einem Mantel aus Libellenflügeln,
ein alter Mann, der mit seinem Schatten Schach spielt, ein Kind, das durch Melodien fliegen kann. Niemand weiß, ob sie real sind, doch in Wuezapa stellt sich diese Frage ohnehin nicht.
Denn dort geht es nicht darum, was wahr oder falsch ist, sondern darum, was sich lebendig anfühlt. Und wenn man am Morgen aufwacht, nachdem man von Wuezapa geträumt hat,
bleibt oft ein leiser Nachklang zurück – wie das Echo eines Liedes, das man nie gehört hat, aber dennoch mitsummen kann.